Nazis haben es nicht leicht. Das liegt (sorry, banal) daran,
daß sie Rechte sind. Linke nämlich, das hat meine gesegnete Generation von
ihren Schullehrern gelernt, sind verwahrloste, moralisch zerlumpte Gestalten,
die grundsätzlich gegen alles sind, was Deutschland voranbringt, keinerlei
Autorität achten und nichts im Sinn haben als zweifelhaft-zwielichtige
Vergnügungen, qualmige Bewußtseinserweiterung, zügellose Triebbefriedigung, kindlich-kindische
Ignoranz gegenüber sämtlichen Autoritäten und randalierende Mißachtung
gesellschaftlicher Eigentumsverhältnisse – auf deutsch: Linke knallen sich die
Birne zu, pimpern auch tagsüber, reden schlau daher und machen alles kaputt,
was nicht ihnen gehört. Also: alles. Weil Linken sowieso nie was gehört, weil
sie vor lauter Faulenzen, Pimpern, Aufmucken und Qualmen nicht zum Arbeiten
kommen und deswegen als besitzlose Vagabunden durch die Welt strolchen.
Vor allem: lachen sie, kichern, gackern, grinsen, höhnen und
spotten über alles, was dem aufrechten Deutschbürger mit Besenstiel im Hintern heilig
ist. Hierin liegt das entscheidende Symptom, das nicht nur das Entstehen eines
„rechten“ Kabaretts ausschließt und linke von rechter Musik unterscheidet (man
höre zur Verdeutlichung The Clash und die Böhsen Onkelz nacheinander und
versuche in beiden Fällen positiv-euphorischen Frohsinn zu empfinden), sondern z.
B. auch die derzeit auf dem Medienmarkt hegemonial herumrüpelnden Wird-man-wohl-noch-sagen-dürfen-Giftzwerge
und ihre maulschaumigen Tiraden gegen alles, was weibisch, schwul, „politisch
korrekt“, muselmanisch oder sonstwie nicht stählern deutsch und
gehorsam-strebsam ist, von linken Kapitalismusbeschimpfungen.
Der Rechte kennt keinen Witz, sondern höchstens in
Ausnahmefällen einen „Humor“, der sich in den freien Minuten zwischen Drill,
Aufmarsch und Fahnenweihe beim Zwangsschnapsgelage mit den „Kameraden“ in
hämischem Har-Har-Har (zur Verdeutlichung gerne mit Doppel-r schreiben) über
Mißgeschick und Mißhandlung von Schwächeren und Andersartigen entlädt.
In den letzten Jahr(zehnt)en hat sich hier einiges verwischt
und verschoben. Spätestens seit Nazis in Che-Guevara-T-Shirts herumlaufen und
autonomen Aktionismus üben, seit ehemalige Anarchisten flammende Reden für die
Erweiterung der NATO bis an die russische Grenze schwingen und vermeintliche
Freidenker Freundschaften kündigen, weil jemand aus Versehen „Neger“ sagt, kann
man sich einer gewissen Verunsicherung nicht erwehren und möchte meinen, die
hierzuländische Gesamtgesellschaft sei infolge von Verschwörung,
Viruserkrankung oder historisch-genetisch bedingter Hirnerweichung so weit nach
rechts marschiert, daß plötzlich Franz Josef Strauß in seiner ganzen Rüpelmonströsität
und (traditionell ebenfalls rechten) Raffgier links wieder herausflutscht, weil
er wenigstens das ab und zu konnte: herzhaft lachen über die bornierte
Blödigkeit der Spießer, die ihn trotzdem unverdrossen wählten.
Mag sein, daß wir zum Beispiel auf das Theater der „Grünen“ nie
hereingefallen sind und hinter der rauschebärtigen Stricklieslfassade von
Anfang an den gelackten protestantischen Mittelschichtkarrierismus vermutet
haben, der heute als energiegewendeter Wachstumsfanatismus die FDP ersetzt. Mag
auch sein, daß in Sachen politisch-mentaler Verortung in Deutschland sowieso
schon lange vieles durcheinander purzelt, weil es da schließlich bis vor einem
Vierteljahrhundert einen ganzen Staat gab, den manch Vollverwirrter „links“
wähnte (was ein Staat von Haus aus nie sein kann, aber diese Debatte wollen wir
uns heute ersparen).
Um so schöner, wenn die Fronten mal wieder geradegerückt
werden, und das verdanken wir ausgerechnet der NPD, die neuerdings bemüht ist,
sich durch Distanzierung von allzu offensichtlich „nationalsozialistisch“
ausgerichteten Mitgliedern als „nationaldemokratisch“ zu inszenieren, weil
ersteres verboten und zweiteres bloß ein Schmarrn ist (dem zudem große Teile
von CDU/CSU, FDP und anderen Parteien ebenfalls anhängen).
Ausgerechnet einem Mann mit dem Nachnamen Marx verdanken
wir, daß zumindest in anderer Hinsicht einiges wieder klarer wird: Der heißt
vornamentlich Peter, war viele Jahre (wegen Wahlbetrug verurteilter) NPD-Generalsekretär
und ließ sich unlängst auf einer Party photographieren – in Gesellschaft einer
Torte in Penisform und einer ehemaligen Pornodarstellerin (die nach ihrer,
ähem, „schlüpfrigen“ Berufslaufbahn unter dem Motto „Ich prostituiere mich
wieder! Der Escortservice heißt Deutschland!“ für die NPD tätig wurde). Und
mußte daraufhin zurücktreten. Nazis haben es, wie gesagt, halt nicht leicht,
das kann der ebenfalls ehemalige Bundesvorsitzende der NPD bestätigen, der
wegen seines „Sprachfehlers“ für untauglich erklärt und nach einem
homosexuellen „Übergriff“ gegen einen „jungen Kameraden“ (an den er
„alkoholbedingt keine Erinnerung“ hatte) aus der Partei geschmuddelt wurde.
Es mag müßig sein, über die Zusammenhänge von Prallsuff,
Witzlosigkeit, sexueller Biederverklemmung (mit entsprechenden Ventilationen,
notfalls in Har-Har-Har-Kuchenform) und rechter „Gesinnung“ zu diskutieren. Deutlich
ist aber nun endlich wieder, daß der Unterschied zwischen links und rechts ein
ziemlich grundlegender ist, der damit zu tun hat, ob es einem gelingt, über
alles und notfalls auch sich selbst zu lachen. Und ob man es (deswegen)
insgesamt doch verhältnismäßig leicht hat.
Die Kolumne "Belästigungen" erscheint alle 14 Tage im Stadtmagazin IN MÜNCHEN.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen