Während er die Badewanne
vollaufen ließ, läutete es an der Tür, und im selben Moment wußte er, daß er
genau das erwartet hatte.
„Du läufst aus dem Ruder“,
sagte das Mädchen. Ihr Blick wirkte wachsam, als rechnete sie mit einem
plötzlichen Ausbruch unkontrollierter Aggression.
„Schau nicht so, ich bin
nicht krank. Nur verwirrt.“
„Das eine kommt manchmal
vom anderen.“
„Oder umgekehrt“, sagte
Einfreund und trat einen Schritt zur Seite, wodurch ihn der Türrahmen verbarg,
„okay, Binse.“
„Gemütlicher Abend im
Bademantel?“ sagte das Mädchen. „Hast du einen zweiten?“
„Okay“, sagte Einfreund
und wandte sich zum Gehen.
„Bleib da, du Idiot, war
ein Scherz.“
„Ich wollte gerade baden“,
sagte Urbin, ohne ein „aber“ anzudeuten.
„Gut, ich auch.“
Diesmal zog Einfreund sein
„Okay“ empört in die Länge, machte aber keine Abschiedsanstalten.
„Mann, ich stinke“, fuhr
ihn das Mädchen an. „Du kannst inzwischen das Bett vorwärmen. Ich meine: den
Tisch.“ Sie lachte, heiser, und Urbin glaubte aus diesem Lachen – oder aus der
Kombination aus dem absichtlichen Versprecher und dem gezwungen wirkenden
Kichern – eine bisher unbekannte Unsicherheit herauszuhören, über die er lieber
nicht weiter nachdachte.
„Was ist jetzt?“ sagte das
Mädchen und öffnete die Tür zum Badezimmer. „Ihr seid zum Kotzen. Das ist zum
Kotzen hier.“
Mit einem gepreßten
Stöhnen zog sie sich Sweatshirt und Unterhemd auf einmal über den Kopf, warf
das Bündel achtlos über die Schulter, stieg aus ihrer Hose, ließ ihre Socken
eine träge Halbkreisbahn durch die Küche ziehen und stöhnte auf, als ihr Fuß
ins Wasser sank.
„O Gott, ist das heiß.
Will mich keiner abkühlen?“
Einfreund saß mittlerweile
am Küchentisch; jetzt schüttelte er den Kopf, hielt mit der Linken eine
halbfertige Zigarette fest, während er mit der Rechten Urbin ins Bad winkte,
wortlos.
„Du hast kalte Füße“,
sagte das Mädchen, als sich Urbin ihr gegenüber in die Wanne gesetzt hatte.
„Das ist gut, ich werde sonst ein Suppenhuhn.“ Und nach einer Pause, während
der sie seine Zehen massierte: „Schau, so geht das.“
„Das, was hier läuft ...“,
brüllte Einfreund sehr plötzlich in die Küche. Eine Weile verharrten alle drei
regungslos, dann rief das Mädchen, als wäre nichts oder nur etwas Gewohntes
geschehen: „Ja ja, erspar uns das bitte.“
Das nächste, was sie
hörten, war das Zuschlagen der Wohnungstür, diesmal so heftig, daß Urbin
fürchtete, die Tür sei wieder aufgeflogen und biete nun neugierigen Nachbarn
Einlaß.
„Ich denke ...“, begann
er.
„Nein“, sagte sie, „nein.
Ich werde ihn nicht rechtfertigen, und du wirst aufhören, auf die Null zu
setzen und dich zu beschweren, wenn die Achtzehn kommt.“
„Was?“
„Ich. Achtzehn. Und jetzt
laß dich endlich gehen und tu, was du willst, du Seelenkrüppel, du verdammter.
Mann, da.“
Sie nahm seine Hand und
führte sie ungeduldig zwischen ihre Beine, packte seinen Mittelfinger und
führte ihn ein.
„Na los.“
„Das … geht nicht so
einfach.“
„Ach. Bin ich dir zu jung?
Zu dünn? Hätte der Herr lieber einen Elefanten?“
Urbin zog seine Hand
zurück und suchte nach Worten, schüttelte den Kopf, als er keine fand und
einsah, daß er sie nicht finden konnte. Das leise Plätschern des Wassers klang
spöttisch. Was er sah, wenn er zwischen seine Beine blickte, war eine
Provokation.
„Was tust du da
eigentlich?“ fragte er hilflos.
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