Es liegt mir fern, mich über Regenlosigkeit zu beschweren,
weil ich kaum etwas lieber mag als sinn- und bekleidungslos auf der Erdkugel
herumzuliegen, müßig-nostalgische Gedächtnisfühler in alte Donald-Duck-Hefte
hineinzustrecken und zuzuhören, wie unendlich langsam leise die wundervolle
Zeit dahinschmilzt und sich mit kaugummibunten, romantisch blütenduftigen
Erinnerungen füllt. Aber hin und wieder tut ein bißchen Wasser keinen Schaden,
und wenn’s nur dafür wäre, daß die Kaninchenbande mal wieder ein bißchen
weniger unmutig schaut, weil der zweibeinige Versorgungshase mal wieder was
anderes daherbringt als struppiges Distelstroh, bleiches Hartheu und staubiges
Korn.
Dazu indes muß es regnen, und das tut es manchmal ungern,
weil der Mensch mit solcher Emsigkeit Auto fährt, Wachstum erzeugt und das
Klima verdröselt. Zum Glück hat die Natur vorgesorgt und in ihrem Keller einen
Haufen von dem förderlichen Feuchtzeug gebunkert, das man notfalls heraufpumpen
kann. Dabei kommt auch noch der im Brunnenrohr hausende Laubfrosch in den Genuß
einer frischen Dusche, und so ist alles zur Zufriedenheit aller geregelt.
Das heißt: wäre. Leider nämlich lagern dort drunten noch
andere Sachen, die Begehrlichkeiten wecken, zum Beispiel das schwarze
Schmierzeug, auf das die Autofahrer so scharf sind. Viel ist davon zum Glück
nicht mehr da, die Reste sind gerne mal in Steine, Sand und sonstiges hineingesickert
und müssen, damit der Motor der Wirtschaftsmaschine nicht knirscht,
herausgespült werden. Man frage bitte nicht genau, wie das geht; jedenfalls
werden dazu große Mengen Wasser und schweinsgiftige chemische Kampfstoffe in
den Leib der Erde hineingepumpt. Man nennt das angemessen martialisch
„fracken“, und was zurückbleibt, sind äußerlich möglicherweise nur
mittelschwer, innerlich jedoch erheblich abgefrackte Landschaftswracks, deren
Wasservorräte mit schweinsgiftigen chemischen Kampfstoffen verpestet sind.
Daß diese Verpestung laut Auskunft der industriellen Täter
und ihrer regierungsamtlichen Lakaien üüüberhaupt nicht schlimm und toootal
unbedenklich ist, können wir getrost in den Schrank mit den Sagen und
Lügenmärchen verräumen, wo diesbezüglich schon einiges lagert, von Contergan,
Ritalin und anderer Arschmedizin über DDT, PVC, Gengemansche und Tralala bis
hin zur bombig gesamtplanetar strahlenden Atomruine. Das müssen die sagen, weil
man sie sonst nicht fracken läßt, und das müssen sie nun mal tun, wg. Wachstum.
Da trifft es sich doch pfundig, daß immer mal wieder die
Terrororganisation FIFA über ein Land herfällt, es mit Betoncolosseen
zubetonieren läßt und in diesen ein paar Wochen lang einen firlefantösen
Karneval mit Plastikbällen veranstaltet, der die gesamte Erdbevölkerung an die
Bildschirme und Leinwände fesselt, während die regierungsamtlichen Lakaien mal
so eben husch husch ein Gesetz durch den parlamentarischen Wolf wursten, von
dem die Betroffenen (also letztlich: alle) erst was mitkriegen, wenn sie sich
über Thomas Müller und das in Stadien und Garderoben herumdümmelnde
Bundesmerkelchen zu Ende beömmelt haben. Wenn unter ihrem Brunnen und ihrer
Garage die Frackerei losgeht, aus dem Wasserhahn schweinsgiftige chemische
Kampfstoffe hervortröpfeln und sie einigermaßen sauberes Wasser nur noch in (wenigstens
weniger schweinsgiftigen) Plastikflaschen von Nestlé kaufen können.
Dann marschieren sie gerne mal hordenweise Straßen entlang,
skandieren was von „dagegen“ und „Schluß“, das Merkelchen macht Tutsitutsi, der
umweltministerielle Mops verdreht ein paar Bezeichnungen und Sätze so, daß am
Ende „Wachstum“ herauskommt, und heißa! – da nahen ja schon die nächsten Spiele
oder Meisterschaften oder sonst was.
Ich habe übrigens eine Elektropumpe, die zwar nach dreißig
Jahren Aufenthalt unter einem Apfelbaum nur noch beschwerlich und keuchend
läuft, aber immerhin. Die, dachte ich mir, werde ich nun, um Oberarm und
Laubfrosch zu schonen, mal an die Solarzelle hängen, in Betrieb setzen und
dabei neben Wasser noch das befriedigende Gefühl gewinnen, an der
vielbeplapperten „Energiewende“ teilzuhaben (die selbstverständlich ein reiner
Schmarrn und Humbug ist, aber dazu ein andermal).
Aber siehe da: Schon haben die regierungsamtlichen Lakaien
ein weiteres Gesetz erwurstet, das diesmal vorsieht, daß für privat erzeugte
und genutzte Sonnenenergie hinkünftig Steuern zu entrichten seien. Da könnte
ich nun ganz renitent werden. Nämlich erzeugen und nutzen in unserem
Kleinparadies nicht nur die Solarzelle und die greise Rowi-Pumpe Sonnenenergie,
sondern auch der Kirschbaum samt Fruchtbestand, die Wiese, der Wein, die
Pfingstrose, der Pfirsich, Spargel, Kiwi, Kaki und Marone, Him-, Brom-,
Johannis-, Stachel-, Erd- und sonstige Beeren, Nüsse, Kräuter, Blumen, ja
letztlich jede einzelne Hautzelle nicht nur meines Körpers, sondern auch von
Vogel, Igel, Kaninchen, Maus, Grashüpfer, Libelle, Frosch und Kröte, Biene,
Hummel, Weps, Hornisse und so weiter und so fort.
Man könnte ein Bataillon der findigsten Steuerbeamten auf Draht
halten, indem man die erforderlichen Formulare anfordert und des Nachfragens
nicht müde wird, bis auch das letzte erstellt ist: „Junger Mann, der Teerlack
auf meinem Hüttendach trocknet infolge effektiver Nutzung von Sonnen- und
Windenergie! Ich ersuche um Zusendung der Anlage TLAMHD in dreifacher
Ausführung oder eines gängigen Ersatzschriftstücks! Und geht das auch online
über Elster? Und sind die Angaben für Raupen und Puppen im Schmetterlingsbogen
zu erstellen oder gibt es hierfür jeweils eigene?“
Aber was, ich mag kein Querulant nicht sein, schon gar bei
diesem Wetter, und deswegen werde ich den Pumpenkrüppel gnadenweise unter den
Apfelbaum pflanzen, mir statt dessen ein schnittig-modernes, luftgekühltes Viertaktbenzingerät
holen und es so lange mit gefracktem Sprit beheizen, bis Deutschland endlich
Rekordweltmeister ist, dem Merkelchen die Schüttelhand vergichtet und Thomas
Müller sein zweitausendstes Tor erzielt. Oder ersatzweise: bis es wieder
regnet.
Die Kolumne "Belästigungen" erscheint alle 14 Tage im Stadtmagazin IN MÜNCHEN.
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